Veranstaltungsreihe "Lebenszeugnisse"

Veranstaltungsreihe "Lebenszeugnisse"

Organizer
Zentrum für Antisemitismusforschung, TU Berlin und Literaturforum im Brecht-Haus
Venue
Literaturforum im Brecht-Haus, Chausseestr. 125, 10115 Berlin
Location
Berlin
Country
Germany
From - Until
27.05.2004 - 14.10.2004
Website
By
Yasemin Shooman

Veranstaltungsreihe "Lebenszeugnisse"

27. Mai, 20 Uhr
Annette Kuhn

24. Juni, 20 Uhr
Walther Petri

(Sommerpause)

23. September, 20 Uhr
Lucien Steinberg

14. Oktober, 20 Uhr
Gisela Heidenreich

Programm

27. Mai 2004
20.00 Uhr

„Ich trage einen goldenen Stern“ – Ein Frauenleben in Deutschland

Wolfgang Benz im Gespräch mit Annette Kuhn

Die Historikerin, Friedens- und Frauenforscherin Annette Kuhn wurde in Berlin geboren, nachdem Hitler an die Macht gekommen war. Ihre Kindheit stand im Zeichen des Schweigens und der Lüge. Erst nach dem Tod der Mutter erfährt die mittlerweile erwachsene Tochter von ihrer jüdischer Herkunft, die Eltern hatten sie zu ihrem eigenen Schutz taufen lassen und ihr ihre wahre Identität verschwiegen.
In ihrer Autobiographie schildert Annette Kuhn die Märchenwelt einer behüteten Kindheit Mitte der dreißiger Jahre in Berlin, die Emigration der Familie über England in die USA und das Gefühl der Fremdheit bei ihrer Rückkehr nach Deutschland 1948. Annette Kuhn studiert Geschichte und macht Karriere als damals jüngste Professorin der Bundesrepublik. Sie beschreibt die Bedeutung der 68er Bewegung für sich und ihr Selbstverständnis als Wissenschaftlerin in einer von Männern dominierten akademischen Welt.
"Ich trage einen goldenen Stern" beleuchtet den schwierigen Weg einer Identitätssuche als Deutsche, Jüdin und feministische Wissenschaftlerin.

24. Juni 2004
20.00 Uhr

„Das Tagebuch des Dawid Rubinowicz“

Wolfgang Benz im Gespräch mit Walther Petri, dem Herausgeber des Tagebuchs von Dawid Rubinowicz

Dawid Rubinowicz ist 12 Jahre alt, als er am 21. März 1940 sein Tagebuch beginnt. Aufgewachsen in dem polnischen Dorf Krajno, nahe bei Kielce, war er gerade in die 7. Klasse versetzt worden, als die Deutschen in Polen einmarschierten und für jüdische Kinder ein generelles Schulverbot erließen. Sorgfältig trägt Dawid fortan in fünf Schulhefte ein, was ihm begegnet und was ihn bewegt. Im ersten Jahr noch knapp und in großen Abständen, dann immer häufiger und ausführlicher beschreibt der empfindsame Junge die Maßnahmen der Deutschen und enthüllt mit erschreckender Genauigkeit den Mechanismus nationalsozialistischer Willkür und Gewalt. Am 1. Juni 1942 bricht das Tagebuch mitten im Satz ab. Wenig später wird Dawid mit anderen jüdischen Dorfbewohnern nach Treblinka deportiert und dort ermordet.
12 Jahre nach Kriegsende findet eine Frau in ihrem Dorf die Schulhefte. Zusammen mit ihrem Mann, der Redakteur der kleinen Rundfunkstation des Dorfes ist, beschließt sie, das Tagebuch im Ortsrundfunk zu verlesen. Im Herbst 1959 übermitteln die Wolczyks die Hefte der Warschauer Publizistin Maria Jarochowska, die sie 1961 zum ersten Mal veröffentlicht. Seitdem ist das Tagebuch Dawid Rubinowiczs in viele Sprachen übersetzt worden.

23. September 2004
20.00 Uhr

Jugend in Bukarest – Exil in Paris

Wolfgang Benz im Gespräch mit Lucien Steinberg

Lucien Steinberg ist 17 Jahre alt, als er 1943 mit seiner Familie aus Bukarest aufgrund der zunehmenden antijüdischen Maßnahmen der rumänischen Regierung nach Haifa flieht. Nach Kriegsende entschließt er sich jedoch, nach Europa zurückzukehren, da Palästina ihm nicht zur neuen Heimat wird. Sein Weg führt ihn über Italien schließlich nach Paris. Dort beginnt er 1947 sein Studium der Politikwissenschaft und Geschichte. Er ist tätig für die Jewish Agency und arbeitet am Centre de Documentation Juive Contemporaine (Jüdisches Zeithistorisches Dokumentationszentrum) bei der Inventarisierung der deutschen Bestände. In diesem Zusammenhang besucht er häufig das Bundesarchiv, reist durch ganz Deutschland und interviewt ehemalige Gestapo- und Wehrmachtsangehörige.
Seit den 60er Jahren widmet er sich, in Erinnerung an seine jüdischen Schulkameraden, die in Bukarest 1942 hingerichtet wurden, der Forschung über den jüdischen Widerstand. Damit stellt er sich gegen das Klischee des „Volkes, das sich (wie die Schafe) zur Schlachtbank hat führen lassen“. Der Titel seines Hauptwerkes lautet dementsprechend in der englischen Ausgabe „Not as a lamb“.
Lucien Steinberg ist seit 1999 Vorsitzender der „Union des juifs pour la résistance et l’entraide“.

14. Oktober 2004
20.00 Uhr

Ein „Lebensborn“-Schicksal
oder: Die langsame Entdeckung der eigenen Biographie

Wolfgang Benz im Gespräch mit Gisela Heidenreich

Gisela Heidenreich kommt 1943 in Oslo in einem der von SS-Reichsführer Heinrich Himmler gegründeten „Lebensborn“-Heime zur Welt. Die Mutter verleugnet das Kind, und so wächst das Mädchen zunächst in Bad Tölz bei ihrer Tante auf - vom Vater heißt es, er sei im Krieg gefallen. Mit 18 Jahren entdeckt Gisela Heidenreich, dass sie mit einer Lüge aufgewachsen ist: Ihr Vater, ein verheirateter ehemaliger SS-Offizier ist noch am Leben. Die Sehnsucht nach einem Vater ist so groß, dass sie seine Vergangenheit verdrängt und den Kontakt zu ihm sucht.
1993 fährt Gisela Heidenreich mit ihrer greisen Mutter nach Oslo, um den Ort ihrer Geburt zu sehen, doch das konsequente Schweigen der Mutter erschwert die Suche nach ihren Wurzeln.
Die Autobiographie „Das endlose Jahr“ schildert eindrucksvoll die Zerrissenheit einer Tochter zwischen Mutter- und Wahrheitsliebe und liefert zugleich einen Beitrag zur Auseinandersetzung mit dem Mythos, der sich noch immer um den „Lebensborn e.V.“ rankt.

Contact (announcement)

Yasemin Shooman

Zentrum für Antisemitismusforschung, TU Berlin
Ernst-Reuter-Platz 7, 10587 Berlin
030 314-79403
030 314-21136
shooman@zfa.kgw.tu-berlin.de


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German
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